Ohne Warm-up keine Spitzenleistung. Gilt auch für Workshops.

31. Juli 2025

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Marcus

Endlich findet mal wieder ein Workshop oder zumindest eine längere Working-Session in größerer Runde statt. Nach ewigem Terminfindungsdrama kommt eine (größere) Gruppe zusammen, um gemeinsam etwas nach vorne zu bringen. Dann soll es natürlich auch gleich losgehen, denn die Zeit soll ja „gut genutzt“ werden. Leider geht es meist direkt ans Eingemachte und eine wichtige Sache wird einfach ausgelassen: das Aufwärmen.

Doch ein gutes Warm-up ist superwichtig und keine Zeitverschwendung. Ganz im Gegenteil sogar. Denn es geht in Workshops gerade nicht ums Tagesgeschäft oder Business as usual. Damit unterscheiden sich echte Workshops von den sonstigen Status-, Update-, Stand-up-, Feedback-, Review- oder ähnlichen Meetings, mit denen sonst der Terminplan gefüllt ist. In einer echten Arbeits-Session kommen mehrere Personen zusammen, um gemeinsam neue Ideen zu erarbeiten bzw. gemeinsam ein Problem zu lösen. Um in einem solchen Arbeitsmodus wirklich gute Leistung zu bringen, müssen wir uns erst mal aufwärmen. Genau wie im Sport auch, sollten wir nicht direkt lossprinten, ohne ein vernünftiges Warm-up. Denn das kann ganz schnell schmerzhaft werden und dann muss abgebrochen werden.

Auch wenn ein Warm-up insbesondere für Gruppen wichtig ist, bei denen sich die Teilnehmer:innen nicht so gut persönlich kennen, sollte ein Warm-up auch in Working-Sessions durchgeführt werden, in denen sich alle (augenscheinlich) gut kennen. Ein Warm-up ist auch nicht nur für 1- oder 2-Tages-Workshops wichtig. Auch wenn wir nur zwei Stunden Zeit haben, sollten wir immer damit starten. Gerne werden solche Warm-ups auch Energizer oder Icebreaker genannt. Sie helfen uns dabei, uns aufzulockern und in die richtige Stimmung zu kommen, damit wir unsere beste Leistung abliefern können. Am besten macht das Warm-up sogar Spaß und es kann ein bisschen gelacht werden. Dann läuft es meiner Erfahrung nach am besten.

Die typische „Mein Name ist Mark Müller und ich arbeite im Marketing“-Vorstellungsrunde eignet sich natürlich nicht für ein Warm-up. Im Optimalfall bereitet das Warm-up schon auf die konkret anstehende Aufgabe vor. Soll die Gruppe innovativ werden und kreativ neue Ideen erarbeiten, dann sollte sie auch schon im Warm-up kreativ werden. Soll ein schwieriges Problem gelöst werden, dann sollte das Warm-up sie auch darauf vorbereiten. Das Internet ist voll mit konkreten Vorschlägen für Warm-ups. Klaut euch dort gerne Ideen. Am besten funktioniert es aber, wenn ihr das Warm-up genau auf eure Gruppe und die bevorstehende Aufgabe anpasst.

Hier sind einige Vorschläge für Warm-ups, die in unseren Workshops gut funktioniert haben. Zwei, die etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen und zwei für schnelle Warm-up-Runden. Je nachdem, wie gut die Gruppe sich schon kennt, passt das eine oder andere Warm-up besser. Danach habe ich noch einige allgemeine Tipps.

Job-Sportarten

Ein Warm-up-Klassiker, den wir schon in vielen Workshops verwendet haben. Die Job-Sportarten eignen sich insbesondere für (größere) Gruppen, in denen die Teilnehmer:innen in genau dieser Zusammensetzung erstmals oder zumindest nicht oft zusammenkommen. Die Aufgabe ist ganz einfach:

Welche Sportart repräsentiert euren Job am besten und warum? Erklärt uns euren Job bzw. eure Aufgaben anhand dieser Sportart. Aber wichtig, jede Sportart darf nur genau einmal gewählt werden. Wenn euch jemand zuvorkommt, dann müsst ihr eine andere Sportart auswählen. 

Gerne geht dann direkt das Gemurmel und Gejammer los im Sinne von „Ich kenne mich mit Sport überhaupt nicht aus.“ Oder ähnlich. Lasst euch davon nicht abschrecken. Meine Erfahrung zeigt, dass gerade diejenigen, die hier am meisten jammern, am Ende die besten und lustigsten Erklärungen haben. Die Limitierung, dass jede Sportart nur einmal ausgewählt werden darf, ist superwichtig. Denn sie sorgt dafür, dass die Teilnehmer:innen möglichst schnell dran sein wollen, damit „ihre“ Sportart nicht schon weg ist. Somit startet das Warm-up nicht mit unangenehmer Stille, weil niemand anfangen möchte. Außerdem müssen diejenigen, deren Sportart doch schon weg ist, dann erst recht kreativ werden. Dabei entstehen oft die besten und auch lustigsten Erklärungen.

Das Job-Sportarten-Warm-up braucht etwas Zeit. Mindestens 30 Minuten (ca. 1-2 Minuten je Teilnehmer:in + Aufgabenstellung). Somit eignet es sich eher für Workshops, die mindestens einen ganzen Arbeitstag lang sind. Wenn ihr die Zeit habt, möchte ich euch unbedingt noch eine Ergänzung der Aufgabenstellung ans Herz legen, die Sport-Spitznamen:

Sportler:innen haben ja oft Spitznamen oder Kampfnamen: Franz Beckenbauer – Der Kaiser, Oliver Kahn – Der Titan, Sepp Maier – Die Katze von Anzing, Rudi Völler – Tante Käthe, Michael Groß – Der Albatros, Henry Maske – Gentleman, Eddy Merckx – Der Kannibale. Was wäre Dein Sportler-Spitzname und warum? 

Hier kommen oft sehr lustige Spitznamen ans Licht. Und Lachen ist immer gut. Die Spitznamen werden dann auch gerne den ganzen Workshop über genutzt. Manchmal sogar darüber hinaus.

Als Variante könnt ihr euch auch eine konkrete Mannschaftssportart aussuchen (z.B. Fußball) und dann sollen die Teilnehmer:innen sich eine konkrete Position aussuchen, die ihren Job am besten beschreibt. Auf und neben dem Platz (z. B. Stürmer:in, Verteidiger:in, Trainer:in, Physiotherapeut:in). Auch hier darf natürlich jede Position nur genau einmal ausgewählt werden.

Spielzeug-Set-Analogien

Gerne nutzen wir in Workshops auch Spielzeug-Set-Analogien im Warm-up. Dazu bereiten wir auf DIN A4 ausgedruckte Abbildungen von Spielzeug-Sets vor. Besonders wertig fühlt es sich an, wenn ihr die Bilder einlaminiert. Besonders gut haben sich bei uns Playmobil-Sets bewährt. Aber es kann auch jedes andere Spielzeug genutzt werden. Wichtig ist aber, dass auf den Bildern viel zu sehen ist. Es muss richtig was los sein. Es sollten möglichst viele Figuren zu sehen sein. Jede Teilnehmer:in zieht zu Beginn des Warm-ups aus einem verdeckten Stapel ein Bild heraus. Wichtig: nicht austeilen! Die Teilnehmer:innen sollen selbst ziehen. Die eigentliche Aufgabe ist hier auch wieder sehr einfach:

Ihr habt alle ein Bild eines Spielzeug-Sets gezogen. Beschreibt euren Job bzw. eure Aufgaben anhand dieses Bilds. Sucht euch außerdem eine Figur auf dem Bild aus, die euch selbst am besten repräsentiert und erklärt auch warum. 

Im Gegensatz zu den Job-Sportarten haben die Teilnehmer:innen hier keine freie Wahl. Sie müssen ihren Job irgendwie mit genau dem Spielzeug-Set erklären, das sie selbst zufällig gezogen haben. Ihr Lösungsraum ist somit von außen eingeschränkt. Wir sprechen hier gerne von einem Force-Fit, weil sie gezwungen sind, ihre Erklärung (d.h. die Lösung ihrer Warm-up Aufgabe) nur mit den vorgegebenen Mitteln irgendwie zu lösen. Solche Force-Fit-Methoden werden oft auch im weiteren Verlauf des Workshops eingesetzt. Daher eignen sie sich gut zur spielerischen Vorbereitung. Natürlich behaupten alle Teilnehmer:innen, dass ausgerechnet sie das unpassendste Set abbekommen haben, aber auch das fördert den Spaß an der Sache.

Als Variante könnt ihr an Stelle von Spielzeug-Sets auch Wimmelbilder verwenden. Auch hier gibt es eine riesige Auswahl. Einige habt ihr vielleicht sogar zu Hause. Wimmelbilder haben den Vorteil, dass auf ihnen by design schon jede Menge los ist und meist viele Dinge und Figuren zu sehen sind.

Verborgene Facetten

Das Verborgene Facetten-Warm-up geht schnell und eignet sich damit auch für Gruppen, die sich augenscheinlich schon gut kennen. Die Aufgabe ist auch wieder schnell erklärt:

Bitte erzählt uns etwas von euch, von dem ihr glaubt, dass es noch keiner über euch weiß. Oder zumindest die meisten hier nicht. Eine verborgene Facette von euch. Ein Fun Fact. Ein Spitzname. 

Ihr glaubt gar nicht, was wir in solchen Runden schon für lustige Dinge erfahren haben. Ein Highlight war sicherlich: „Ich habe weltweit Lokalverbot bei McDonalds.“ Und die Aussage kam aus der höchsten Management-Ebene. Diese Facette hätte man niemals erwartet. Und die dazugehörige Story war wirklich sehr lustig. Egal wie gut wir glauben unsere Kollegen zu kennen, es gibt immer noch Facetten, die wir noch nicht kennen und die definitiv erzählenswert sind.

Als Variante könnt ihr, wenn ihr etwas mehr Zeit habt, das bekannte „2 Wahrheiten, 1 Lüge“-Warm-up machen. Dort erzählt jeder zwei Wahrheiten über sich und eine Lüge. Die Wahrheiten sollten nach Möglichkeit auch Dinge sein, die nicht offensichtlich oder den anderen Teilnehmer:innen bekannt sind. Die anderen müssen dann herausfinden, was die Lüge ist. Diese Variante ist recht verbreitet. Dessen solltet ihr euch bewusst sein (siehe allgemeine Tipps weiter unten).

Kuriositäten

Ebenfalls gut geeignet für eine schnelle Runde ist das Kuriositäten-Warm-up, das auch wieder schnell erklärt ist:

Welchen ungewöhnlichen Gegenstand habt ihr immer dabei oder tragt ihn zumindest fast immer mit euch herum? Im Geldbeutel, der Hosentasche oder der Handtasche? Erklärt uns bitte auch, warum. 

Im besten Fall können die Teilnehmer:innen den Gegenstand auch direkt zeigen. Da kommen sehr oft kuriose Gegenstände ans Tageslicht. Und nicht selten sind es auch interessante und witzige Geschichten. Ich trage beispielsweise immer einen Eurocheque mit mir herum. Wenn du aber wissen willst warum, dann musst du auf einen Workshop warten, bei dem ich auch bin.

Dieses Warm-up könnt ihr ganz einfach variieren. Hauptsache ihr fragt nach etwas Interessantem, das die Teilnehmer:innen über sich oder von sich erzählen können. Es sollte aber schon etwas Persönliches sein, das einen kleinen Einblick in den Charakter der Person gibt. „Wofür habt ihr früher euer Taschengeld ausgegeben?“, „Was ist dein Lieblings-Schokoriegel?“, „Welchen Film habt ihr als letztes im Kino gesehen?“, „Welche Serie habt ihr als letztes gebinged?“

Allgemeine Tipps fürs Warm-up

Hier habe ich noch einige Tipps & Tricks zusammengetragen, die in mehr oder weniger allen Warm-ups angewendet werden können.

  • Jeder Workshop sollte moderiert werden. Bestenfalls von (mindestens) einer Person, die sich auf die Moderation konzentrieren kann und nicht selbst aktiv daran teilnimmt. Die Moderator:in erklärt somit auch das Warm-up.
  • Die Moderator:in sollte nach der „Aufgabenstellung“ für das Warm-up als Erstes selbst antworten. Erstens haben die Teilnehmer:innen so mehr Zeit, selbst über ihre Antworten nachzudenken. Ich sage das sogar immer explizit genau so dazu, wenn ich anfange. Zweitens könnt ihr damit die Art und Weise beeinflussen, wie die Antworten zu geben sind. Ihr wollt nämlich auf keinen Fall, dass die Antworten viel zu kurz werden. Aber eben auch nicht zu lang. Wenn ihr spontan genug seid, dann braucht ihr eure Antwort nicht vorzubereiten. Wenn ihr aber sicherstellen wollt, dass auch eure Antwort genau so ist, wie ihr sie von den anderen hören wollt und weder zu lang noch zu kurz ist, dann bereitet sie unbedingt vorher vor. Das sollte man euch aber nicht anmerken.
  • Wenn die Ersten angefangen haben, ist der Rest eigentlich immer ein Selbstläufer. Daher am besten immer zusätzlichen „Druck“ aufbauen, durch den es sich lohnt, früh zu antworten.
  • Alle sollten zum Warm-up aufstehen. Im Prinzip kann fast jedes Warm-up auch im Sitzen gemacht werden, aber die Ergebnisse sind viel besser im Stehen. Wir wollen im Workshop schließlich aktiv werden, anpacken und richtig was reißen.
  • Der Fokus des Warm-ups liegt nicht auf der Vorstellungsrunde. Es geht ums Auflockern und Kennenlernen. Gerade bei externen Moderator:innen kann es schnell passieren, dass sich die Teilnehmer:innen nur an die Moderierenden wenden. Das solltet ihr vermeiden. Der Fokus liegt auf den Teilnehmenden.
  • Behaltet als Moderator:in immer die Zeit fest im Auge. Überlegt euch genau, wie lange jede Teilnehmer:in für ihre Antwort im Durchschnitt Zeit hat. Wenn ich merke, dass die Antworten zu lange werden, dann nehme ich immer ein iPad mit einer großen Timer-App und halte es locker vor mich. Auf dem iPad läuft die Zeit für jede Teilnehmer:in ab. Das muss ich noch nicht mal explizit ansprechen. Der implizite Anreiz reicht aus, dass fast alle die Zeit einhalten. Ihr wollt nicht schon durch das Warm-up euren Zeitplan kaputt machen.
  • Wie alles andere in Workshops sollte auch das Warm-up ganz konkret zuvor ausgewählt und geplant werden. Inhaltlich und zeitlich. Überlasst nichts dem Zufall oder verlasst euch darauf, dass euch im Workshop schon was Gutes einfallen wird. Wie gesagt, je mehr das Warm-up zum Workshop selbst passt, umso besser.
  • Warm-ups können selbstverständlich auch in Online-Workshops durchgeführt werden. Zumindest die meisten Varianten funktionieren auch dort. Wenn ihr aber wirklich innovativ werden wollt, empfehle ich unbedingt Vor-Ort-Workshops in der „echten Welt“. Aber das ist eine andere Geschichte.
  • Achtet darauf, dass ihr euer Warm-up variiert, wenn ihr mehrere Workshops oder Working-Sessions habt, an denen (größtenteils) dieselben Teilnehmer:innen dabei sind. Niemand mag Wiederholungen. Wenn immer wieder das gleiche Warm-up verwendet wird, geht schnell die auflockernde Wirkung verloren.
  • Seid kreativ. Macht nicht immer nur 08/15-Warm-ups, die wirklich jeder schon gemacht hat. Wie soll man da in Stimmung kommen. Es gibt genügend Ressourcen für Warm-ups. Dort könnt ihr euch inspirieren lassen und kreativ klauen. Sucht einfach nach „Warm-up“, „Energizer“ oder „Icebreaker“ im Zusammenhang mit Workshops. Denkt daran, das Warm-up möglichst gut an euren konkreten Workshop anzupassen.
  • Passt aber auf, dass euer Warm-up nicht zu crazy oder esoterisch wird. Das kann insbesondere Teilnehmer:innen mit technischem Background schnell verschrecken.
  • Erwartet nicht, dass alle das Warm-up gleich toll finden werden. Viele haben da erst mal null Bock drauf. Aber am Ende fanden es dann doch alle gut. Zumindest ist das meine Erfahrung.

Hast Du auch noch einen Tipp für ein gutes Warm-up? Dann schreibe ihn gerne in die Kommentare.

Marcus

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